Ehegerichts-Protokoll

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Stadtarchiv St.Gallen, Bd. 803, f. 1r.

Die Transkription lautet:

Nachmals als sich ain span erhebt,
das er ain frowen han sölte und darum sy nit haben mög und er
aber, der Jacob, brief und sigel anzaygt hat, das er mit recht von ir
geschayden sy, hat er die Blawenstainin am nüwen iars abend
uff söllichs wyter gfraget, ob sy irs willens gestande und der
maynung sy wie for, dz zwüschend inen bayden ain ee sy. Do hab
sy gsayt ja. Und hab imm söllichs in die hand gschlagen und in
petten, dz er zuo demm helfer gieng und imm sayte bayder namen,
damitt er sy offenlich verkundte und sy zuo kilchen gon möchtind.

Später erhob sich zwischen den beiden ein Streit: Justina Bläwenstain war plötzlich misstrauisch geworden. Sie schöpfte Verdacht, dass er bereits verheiratet sei («das er ain frowen han sölte») und somit keine Ehe mit ihr mehr eingehen könne.

Vor Gericht widerlegte Jakob Funk ihren Verdacht, indem er ihr seinen besiegelten Scheidungsbrief zeigte. Am Neujahrsabend willigte sie erneut in eine Ehe mit ihm ein. Sie bezeugte diese mit einem Handschlag und bat ihn, dem Pfarrer ihre Namen mitzuteilen und ihn zu bitten, er möge die Ehe öffentlich bekannt geben. Weiter sollte er die kirchliche Trauung in die Wege leiten. Anhand dieses Dokuments wird ersichtlich, dass die frühneuzeitliche Eheschliessung trotz ihrer Formlosigkeit Rechtsgültigkeit besass.

Erklärungen
ain span erhebt = ein Streit erhoben
sölte = sollte
brief und sigel = Urkunde mit Siegel
anzaygt = gezeigt, vorgelegt
geschayden = geschieden
nüwen iars abend = Neujahrsabend
wyter = weiter
gestande = gestehe
maynung = Meinung
for = vorher
petten = gebeten
helfer = Pfarrhelfer
sayte = sagte, sagen würde
offenlich = öffentlich
zuo kilchen gon = zur Kirche gehen