Testament aus Piuro

Chapella mit Kirchturm und Mauerresten der verfallenen Kapelle. Foto: Immacolata Saulle, 2019.

Die Transkription lautet:

Ecclesie sancti Nicholai, que dicitur Capella de Vallenbrego, iudicavit ipse Johannes libras quatuor butiri
annuatim fictuale super pratum suum de Torpiono. Et iudicavit ipse Johannes predictum pratum de Torpiono iamscriptis Petro
de Prato et Johanni fratribus eis solventibus et dantibus predicte ecclesie predictum butirum, ut dictum est. Et hoc testamentum
statuit et ordinavit ipse Johannes valere debere lege codicilorum vel ultime volontatis vel secundum quod melius valere potest.
Quia sic eius bona decrevit volontas. Act(um) Plurii.
Interfuerunt testes ser Johannes de Sillano, Carlacius, Andreas de Çobiano, Mionus, Guido Claponacius, Alb(er)erius Mancianus,
Petrus Agaça et Fidelis Çanellus rogati ab ipso Johanne testatore.
(ST) Ego Prevostinus de Plurio notarius huic testamento interfui et rogatu iamscripti Johannis testatoris scripsi.
Übersetzung:

Der Kirche S. Nikolaus, die man nennt Capella (Chapella) am Talbach Vallember, vermacht besagter Johannes einen jährlichen Zins von vier Pfund Butter aus seiner Wiese in Val Trupchun. Diese Wiese hinterlässt Johannes den erwähnten Onkeln, den Brüdern Peter de Prato und Johann, die dafür verpflichtet werden, besagte Butter der Kirche zu entrichten, wie es oben steht. Johannes bestimmt, dass sein Testament Kraft der Codicill (verbriefte letzte Willensordnung) bzw. der letztwilligen Verfügung Gültigkeit erhalten soll oder gemäss dem, was am meisten Kraft hat. Geschrieben in Piuro. Auf Ersuchen des Erblassers Johannes waren als Zeugen dabei: Johannes de Sillano, Carlacius, Andreas de Çobiano, Mionus, Guido Claponaciuis, Alberius Mancianus, Petrus Agaça et Fidelis Çanellus.

(Notarszeichen) Ich Prevostinus von Piuro, Notar, bin bei diesem Testament dabei gewesen und habe es auf Ersuchen des obengeschriebenen Erblassers Johannes niedergeschrieben.

Erklärung:

Wie damals üblich wurde auch die Kirche im Testament bedacht: die Kapelle SS. Nikolaus und Ulrich in Chapella bekam einen jährlichen Butterzins für den Unterhalt des Ewigen Lichtes. Solche jährlichen Zuwendungen wurden mit Grundstücken abgesichert, aus deren Erträgen man die Zinsen zahlte. Mit der Zeit wurden immer mehr Grundstücke mit solchen Verpflichtungen belastet, was eine wirtschaftliche Minderung ihres Wertes zur Folge hatte.

Geschrieben wurde das Testament am 8. Januar 1209 in Piuro in Anwesenheit mehrerer namentlich aufgeführter Zeugen. Notar war Prevostinus von Piuro, der später in Chiavenna amtete.

Im Dokument ist nur von einer Kirche die Rede, die dem Heiligen Nikolaus geweiht war. Daher auch der Name Chapella (= Kapelle). Einige Jahre später wurde neben der Kirche ein Hospiz gebaut, das erstmals 1259 urkundlich erwähnt wird.

Literatur:

Weiterführende Literatur zum Thema findest du hier