Als im 8. Jahrhundert in den althochdeutschen Klöstern die Überlieferung in deutscher Sprache einsetzt, geschieht dies mehrheitlich nicht in der Form eigenständiger ahd. Texte, sondern in der Form von Glossen. Unter einer Glosse versteht man ein Kommentar- bzw. Übersetzungswort. Die Überlieferung des Deutschen setzt somit nicht mit Text-, sondern mit Einzelwortüberlieferung ein. Ahd. Glossen wurden in lateinische Handschriften eingefügt, um das Verständnis erklärungsbedürftiger lateinischer Wörter zu erleichtern. Es handelt sich im Prinzip um Worterklärungen, die dem besseren Verständnis der lateinischen Vorlage dienen. Das kommentierte lateinische Wort wird in der Forschung Lemma, die Glosse Interpretament genannt.
In den mittelalterlichen Skriptorien werden alle Arten lateinischer Texte glossiert: die Bibel, Dichter der klassischen Antike wie Ovid und Vergil sowie frühmittelalterliche Autoren wie Walahfrid Strabo. Dabei werden Einzelwörter, schwierige Flexionsformen aber auch schwierige syntaktische Konstruktionen ins Ahd. umgesetzt. Das Glossieren ist stark im Kontext der Wissensvermittlung der mittelalterlichen Klosterschulen verankert, denn es geht primär um das bessere Verständnis vor allem religiöser lateinischer Texte.