Einleitung

Münzen sind von einer staatlichen Autorität herausgegebene und garantierte Zahlungsmittel mit einem definierten Wert. Sie sind mobil und zirkulieren im Wirtschaftskreislauf über teils weite Strecken. Sie werden verborgen, gehen verloren und stellen als Münzfunde wichtige archäologische Sachgüter dar. Erst ab dem 12. Jahrhundert erreicht Münzgeld eine grössere Verbreitung und alle Schichten der Bevölkerung.

Münzen sind bis ins 19. Jahrhundert die wichtigste, wenn auch nicht einzige Form des Geldes. Bis in diese Zeit bilden sie das primäre und für die meisten Menschen einzig mögliche allgemeine Zahlungsmittel. Das Material der Münzen (Gold, Silber, Kupfer und Legierungen dieser Metalle) eignet sich zu Geldzwecken unter anderem wegen der fast unbegrenzten Haltbarkeit, der geringen Raumausdehnung und der leichten Transportmöglichkeit in Kisten, Fässern, Säcken, Geldkatzen und Beuteln.

Das Eindringen des Geldes ins wirtschaftliche Leben ist ein langwieriger Prozess. Nicht alle Gebiete und Bevölkerungsgruppen sind davon gleichermassen betroffen. Bis weit in die Neuzeit hinein dienen neben Münzen auch agrarische Produkte, Waren und Tiere der Zahlung, dem Tausch und der Anrechnung von Leistungen. Noch im 18. Jahrhundert gehören Naturalleistungen und Tauschhandel zum Alltag.

Ein vierzipfliger Pfennig, vermutlich aus Freiburg vom Ende des 12. Jahrhunderts. Münzherren sind die Herzöge von Zähringen.
(Münzkabinett Winterthur, M 763)

Münzen bestehen in der Regel aus Metall — Gold, Silber, Kupfer oder Bronze sowie Silberlegierungen mit Kupfer (Billon). Für Probeabschläge werden auch andere Materialien verwendet (Birkenrinde, Leder). Münzen werden meist rund und zweiseitig hergestellt. Im Mittelalter sind in verschiedenen Regionen aber auch rechteckige Formen einseitiger Münzen üblich (vierzipflige Pfennige) und ab dem 16. Jahrhundert gibt es auch rechteckige zweiseitige Münzen (z.B. in Mailand). 
Eine Sonderform der Pfennige wird im süddeutsch-nordschweizerischen Gebiet von etwa 1160 bis zum Ende des 17. Jahrhunderts als einseitige Hohlmünze hergestellt. Der sogenannte Brakteat ist rund oder vierzipflig. Diese Form ist bis nach Mitteldeutschland verbreitet, wo sie aber im 15./16. Jahrhundert durch zweiseitige Pfennige abgelöst wird.
Die Besonderheit der Form und Herstellung, die sog. Machart, ist für bestimmte Münzgruppen charakteristisch; sie dient der zeitlichen und räumlichen Zuweisung von Prägungen und kann auch Hinweise auf die Prägetechnik geben. Das gilt zum Beispiel für schüsselförmig aufgeworfene Ränder (scodellato) oberitalienischer Münzen des 12.-14. Jahrhunderts oder für ovale, rinnenförmig gebogene Münzen (Hinweis auf Walzen- oder Taschenprägung).

Münzstätte des Grafen von Neuenburg im 14. Jh. Hier sieht man die einzelnen Verarbeitungsschritte der Münzherstellung. Die wichtigste Aufgabe, das Prägen, führt der Münzmeister aus, rechts und links von ihm zwei Gesellen. Der Graf und seine Ratgeber prüfen die frisch geprägten Münzen. 
(Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.I.16, S. 222 — Diebold Schilling, Spiezer Chronik (www.e-codices.unifr.ch/en/list/one/bbb/Mss-hh-I0016), lizenziert als CC-BY-NC 4.0)

In aller Regel werden Münzen geprägt (Prägung). Der Münzrohling, der Schrötling, wird dagegen gegossen und dann beprägt. Bis ins 16./17. Jahrhundert ist in der Münzstätte die manuelle Hammerprägung üblich, die einen Ober- und einen Unterstempel verwendet. Der Unterstempel mit der Vorderseite der Münze ist auf einem Holzamboss befestigt, der Oberstempel mit der Rückseite wird frei geführt und auf den auf dem Unterstempel liegenden Schrötling geschlagen. 
Durch diese Prägetechnik haben die Vorder- und die Rückseite der Münze eine bestimmte Ausrichtung der Vorder- zur Rückseite, die Stempelstellung. Diese ist bei der Hammerprägung unregelmässig, da der Oberstempel frei geführt wird. Die Stempelstellung ist somit ein individuelles Merkmal jeder Münze. 
Seit dem 17. Jahrhundert sind mechanische Verfahren üblich, am häufigsten sind die Spindelpresse und das Walzwerk. Für Kleinmünzen werden auch Taschenwerke verwendet, die nach dem Prinzip der Walze funktionieren. Bei diesen Techniken werden Schrötling und Münzstempel fixiert, die Stempelstellung ist nun regelmässig.

Zwei Batzen aus der frühneuzeitlichen Schweiz: Ein Urner Batzen von 1569 aus Silber mit einem Ankerkreuz, sowie ein Neuenburger von 1622 aus Billon mit Gabelkreuz. 
(Münzkabinett Winterthur, S 358, S 538)

Münzen tragen Zeichen und Umschriften (Legenden), die auf die Münzherrschaft hinweisen. Erst seit dem späten 15. Jahrhundert kommen auf Münzen regelmässig Jahreszahlen vor und erst seit dem 16. Jahrhundert Wertangaben. Herkunft, Wert und Datum der Münze müssen vorher aus Grösse, Gewicht, Metall und wenigen Zeichen erschlossen werden. Das gilt für die Zeitgenossen damals und es gilt auch für das heutige Lesen älterer Münzen. 
Die Vorderseite der Münze, das Avers, bildet den Münzherrn ab, nennt Namen und Herrschertitel und zeigt das Wappen. In der Schweiz, wo es nur wenige Fürsten und geistliche Herren mit Münzrecht gibt, wird stattdessen der Stadt- und Landespatron abgebildet. Die Rückseite, das Revers, erlaubt weitere Bilder und Zeichen, etwa für das Nominal (Werteinheit), zum Beispiel das Batzenkreuz. Bei kleinen Nominalen sind die Elemente der Vorder- und Rückseite auf wenige Bildzeichen reduziert.

6-Kreuzer-Münze aus Österreich von 1800, beschriftet mit den wichtigsten Elementen des Münzbildes. 
(Münzkabinett Winterthur, M 394)

Das Lesen wie das Beschreiben einer Münze beginnt mit äusseren Merkmalen: Metall, Grösse, Gewicht. Bild, Umschrift (Legende) und Machart dienen der Zuweisung an eine Münzherrschaft und der Datierung. Da viele Münzlegenden abgekürzt sind, muss die Schrift entziffert und die Legende aufgelöst werden. 
Münzzeichen, entweder in der Legende oder im Feld des Münzbilds, zeigen die Münzstätte an, in der die Münze hergestellt wurde, oder den Münzmeister, der für die Prägung verantwortlich war. Zur Bezeichnung werden Buchstaben, Zahlen oder kleine Bilder und Symbole verwendet. Das Verhältnis der Vorder- zur Rückseite, die Stempelstellung, wird in Winkelgraden ausgedrückt. 
Schliesslich müssen die Bildzeichen entschlüsselt werden. Ist ein Herrscher oder ein Heiliger abgebildet? Was sind für Wappen dargestellt? Hier sind Hinweise auf die Herkunft des Münzrechts (z.B. das Reich) oder die Herrschaft (Stadt- und Landespatron, Vogteiwappen) enthalten.

Oben links: A1/K2: Ausser am Kopf (A3) ist diese Münze noch fast prägefrisch und hat nur einige wenige Korrosionsstellen. 
Oben rechts: A5/K2: Diese Münze ist vollständig abgenutzt und hat einige wenige Korrosionsstellen. 
Unten links: A0/K4: Diese Münze ist so stark zerfressen, dass zwar noch einiges erkennbar, der Abnutzungsgrad jedoch nicht mehr bestimmbar ist. 
Unten rechts: A2/K3: Häufiger sind aber mittlere Abnutzungs- oder Korrosionsgrade wie hier. 
(Fotos: Münzkabinett Winterthur, FmZH 5183, FmZH 4956, FmZH 5473, FmZH 5477)

Münzen sind Massenprodukte, die schnell von Hand zu Hand gehen. Je nach Legierung werden sie schneller oder langsamer abgenutzt. Diese Abnutzung kann gemessen werden und ist ein Indiz für eine entweder lange, aber langsame oder eine kurze und intensive Umlaufzeit der Münze. 
Werden Münzen im Boden verborgen oder gehen verloren, unterliegen sie den Effekten der ganz unterschiedlichen Bodenbedingungen: das Metall korrodiert, vor allem, wenn es sich um eine Silberlegierung mit hohem Kupferanteil handelt. 
Der Grad der Abnutzung (A-Erhaltung) und der Korrosion (K-Erhaltung) wird für Fundmünzen in einer standardisierten Skala, die vom Inventar der Fundmünzen der Schweiz (IFS) definiert wurde, ausgedrückt. Die Skala geht von 1 (nicht bis wenig abgenutzt/korrodiert) bis 5 (fast völlig abgenutzt/korrodiert).