Archive: Ordnungsprinzipien

Jedes Archiv besitzt seine eigenen Findmittel, deren Umfang und Aufbau nach den Beständen ausgerichtet ist. Die Qualität und Quantität dieser Findmittel ist sehr unterschiedlich.

Die Suche in den durch Einzelbestände zusammengesetzten Archiven ist oft nicht einfach, zumal die Archive laufend neues Quellenmaterial archivieren und die Findmittel überarbeitet, ergänzt oder neu erstellt werden. Auch sind nicht alle Bestände durch moderne Findmittel erschlossen. Ungedruckte Findmittel sind oft schwer zu lesen.

Erste Informationen über ein Archiv findet man leicht in den gedruckten Archivführern.

Erstinformationen über die einzelnen Bestände sind vielfach in den Archivführern zu finden. Neben einer allgemeinen Einleitung über Geschichte und Zuständigkeit der Archive enthalten diese oft auch Angaben zu Bezeichnung, Signatur, Umfang und Erschliessungszustand der Bestände sowie Hinweise zu den vorhandenen Findmitteln. Über das Angebot der Findmittel und ihre Funktionen geben in der Regel auch die Wegleitungen der Archive Auskunft.
Bestandesübersichten beinhalten Angaben zum zeitlichen und quantitativen Umfang, zu Struktur, Inhalt und Zusammenhang der Bestände sowie Anmerkungen zur Verwaltungs- und Überlieferungsgeschichte. Neben der Bestandesbezeichnung, den Angaben zur Erschliessung und den Verweisen auf Findmittel geben einige Übersichten auch Hinweise auf einschlägige Literatur. Zum Teil sind sie auch mit einem Sach- und Personenindex versehen.

Das wichtigste Findmittel in Einsiedeln ist das Summarium aus dem 18. Jahrhundert.
KAE, B.16/2.

Repertorien und Inventare geben einen Überblick über die Bestände gemäss ihrem Entstehungszusammenhang und verzeichnen sie mit einer Signatur, die den Standort im Archiv angibt. Register in Band- oder Karteiformat vermitteln einen direkten Zugang zu bestimmten Sach- oder Themenbereichen.
Für gefragte Themenkreise sind in vielen Archiven Spezialinventare, Listen oder Faltblätter vorhanden. Für bestimmte Themen und Regionen gibt es auch archivübergreifende Inventare von nationalen und internationalen Forschungsgremien und Organisationen. Inventarisierungsfunktionen für einzelne wichtige Bestände übernehmen in gewissem Umfang auch die historischen Quellenpublikationen. Dies gilt auch für die Regestenwerke zu mittelalterlichen Urkundenbeständen. Die Regesten beinhalten in der Regel kurze inhaltliche Zusammenfassungen mit Datums-, Orts- und Personenangaben sowie Anmerkungen zu Entstehungs- und Verwendungszweck.

heute: bis ins 19. Jahrhundert üblich:
Provenienzprinzip Pertinenzprinzip
nach Herkunft nach Ort, Person oder Sache

Verwaltungsorganisation

Zuständigkeit der Institutionen

Bedeutung der Einzelbestände

sachthematischer Zusammenhang

territoriale Ordnung

personelle Verbindungen

Die Grundlage der Gliederungsmethode von Archivgut ist heute primär das Provenienzprinzip, d.h. die Archivalien werden nach ihrem Entstehungszusammenhang geordnet. Dieses Prinzip lässt die Herkunft sowie die Aufgabengliederung und Verantwortlichkeit erkennen. Dieser im 19. Jahrhundert entwickelte Ordnungsgrundsatz ersetzt das Pertinenzprinzip, die Gliederung von Archivgut nach Territorial-, Personal- und Sachbetreffen.
Ältere Archive haben meist verschiedene Reformbemühungen der Gliederungsmethode erlebt, was die Suche erschweren kann. Ein anschauliches Beispiel dafür ist das Klosterarchiv in Einsiedeln.

Urkunden werden einzeln aufbewahrt. Akten können gebündelt werden.

Die Unterteilung des Archivgutes in Urkunden und Akten ist eine idealtypische Unterscheidung und geht zurück auf die Aktenlehre der 1950er Jahre, die der Systematik der Diplomatik verpflichtet ist. Akten werden primär als Nicht-Urkunden behandelt. Während aus dieser Sicht Urkunden einen Rechtsakt festhalten, geben Akten ihn als Handlung wieder.
Akten unterscheiden sich aber auch in zeitlicher Dimension von Urkunden: Akten werden aktualisiert, Urkunden repräsentieren einen Rechtszustand auf Dauer. Eine Zuteilung kann ausserdem nach formalen Kriterien erfolgen: Während die Gestaltung einer Urkunde für ihre Echtheit bürgt, richtet sich die Darstellung der Akten nach administrativen Prinzipien. Urkunden unterscheiden sich von Akten durch den repräsentativen Gebrauch von Schrift und graphischen Symbolen.
Aus Gründen der Beschaffenheit (Pergament, Format, Siegel) werden Urkunden einzeln, Akten hingegen geheftet, gebunden oder gebündelt in Mappen oder Schachteln aufbewahrt.
Das Aktenwesen wird aufgrund der Kanzleireglemente, die um 1500 entstehen, zunehmend formalisiert.

Das Burkardenbuch aus dem 15. Jahrhundert zählt man zu den Amtsbüchern.
KAE, A.II.1 und KAE, A.II.2.

Früher noch als die Akten und die Aktenregistraturen werden die ersten Amtsbücher angelegt. Amtsbücher sind im Gegensatz zu den nachträglich gehefteten Akten feste, zumeist buchmässig gebundene Kompositionen selbständiger oder unselbständiger Einträge. Diese Einträge können auch Abschriften von Urkunden oder Schreiben sein. Sie dokumentieren die Tätigkeiten der Kanzleien und später der Behörden. Zu den Amtsbüchern zählen Brief- und Kopialbücher, Protokolle, Urbare, Rechnungen, Inventare und Kanzleihilfsmittel wie Repertorien, Formular- und Titularbücher ausserdem Matrikel, Kirchenbücher und Personenstandsregister.


Pläne und architektonische Skizzen (18. bis 20. Jahrhundert) 2001 im Klosterarchiv Einsiedeln.

In der Regel werden in einem Archiv auch Karten und Pläne aufbewahrt, die als eigenständige Dokumente der Verwaltungsarbeit dienen. Da sie einer besonderen Verwahrung bedürfen, werden sie vielfach getrennt von den zugehörigen Schriftbeständen aufbewahrt und sind meist topographisch geordnet.
Stadt- und Gebäudeansichten werden von manchen Archiven ebenso systematisch gesammelt wie Portraits und Bilder von wichtigen Ereignissen. Sammelgut und eigentliches Archivgut vermengen sich im Bereich des Bildgutes.
In neuerer Zeit werden auch Filme und Tondokumente in den Archiven aufbewahrt. Sie erfordern nicht nur besondere Lagerbedingungen, sondern auch spezielle Einrichtungen zur Aufbereitung und Nutzbarmachung. Sie sind deshalb nur in wenigen Archiven verfügbar.
Zunehmend werden Aufzeichnungen heute mittels elektronischer Datenträger übermittelt. Sie sind einfach zugänglich und die Informationen können schneller verarbeitet werden. Aber auch sie sind von zeitlich beschränkter Haltbarkeit.